21.12.2023

"Better Work Initiative" - Nachhaltigkeit in der Baubranche

Interview mit Stefanie Schwendner von Josef Rädlinger Bauunternehmen GmbH

Ein neuer Umgang mit Menschen und Ressourcen 

Als Abteilungsleiterin Marketing und Kommunikation der Josef Rädlinger Bauunternehmen GmbH treibt Stefanie Schwendner vielfältige Projekte zum Themenkomplex Nachhaltigkeit voran. Worauf legt das Unternehmen dabei besonderen Wert? Wie können große deutsche Baufirmen ihre Prozesse nachhaltiger gestalten, welche Maßnahmen greifen? Wir haben mit Stefanie Schwendner darüber gesprochen.

Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit in der Baubranche? 
Eigentlich ist es wie in jeder anderen Branche: Nachhaltigkeit wird immer wichtiger. In unserer Baubranche ist das noch etwas mehr der Fall. Wir können schon mit kleinen Maßnahmen Großes bewegen, weil wir einfach in einer energie- und ressourcen-intensiven Branche arbeiten. 

Welche Maßnahmen greifen erfahrungsgemäß besonders gut?
Wir engagieren uns auf vielfältige Weise. So legen wir großen Wert auf einen schonenden Umgang mit Ressourcen. Wir produzieren einen Großteil unseres Stroms inzwischen selbst, mit eigenen Photovoltaikanlagen. Außerdem nutzen wir zunehmend nachhaltige Materialien für den Bau von Lärmschutzwänden. Wir fassen Nachhaltigkeit aber viel weiter. Darunter verstehen wir zum Beispiel einen guten Umgang mit Mitarbeitenden und dem gesamten Umfeld.

Wie kann man sich das vorstellen, nachhaltigeren Umgang mit Mitarbeitenden? 
Grundsätzlich haben sich Unternehmen lange Zeit zuerst um ihre Maschinen gekümmert, dann erst um den Menschen. Das hat sich radikal gewandelt. Auch bei uns. Früher gab es nur das beste Öl für die Maschinen, heute gibt es bestes Essen für die Mitarbeiter. Auch sonst achten wir viel mehr auf das Wohl unserer Mitarbeitenden. So haben wir ein Kloster mit Garten zu einer Kantine umgebaut. Mit dem selbst geernteten, frischen Gemüse bereiten wir hochwertige Gerichte für unsere Mitarbeitenden zu, in Bioqualiät. Das Essen liefern wir sogar auf unsere Baustellen, mit unserer eigenen Foodtruck-Flotte. 

Gelebte Nachhaltigkeit also. 
Ja, und wir schließen da ausdrücklich nachfolgende Generationen mit ein. Wir bieten zum Beispiel als besonderes Ferienangebot Umweltbildung für Kinder an. Dafür haben wir eine renaturierte Kiesgrube in ein grünes Klassenzimmer verwandelt. Hier erfahren die Kinder, wie schützenswert und wichtig unsere Umwelt ist. Wir erzählen ihnen auch im Klostergarten oder am Satzdorfer See Spannendes über unsere heimische Flora und Fauna. Und wir haben eigene Bienenvölker, ein gutes Dutzend. 

Ist Nachhaltigkeit ein Generationenthema im Unternehmen?
Auf jeden Fall, Nachhaltigkeit schließt auch im Unternehmen die nächsten Generationen unbedingt mit ein. Wir legen großen Wert darauf, junge Talente zu fördern und bei uns im eigenen Haus auszubilden. Wir bilden jedes Jahr rund 50 Auszubildende in 29 verschiedenen Berufen aus. Der Austausch mit den Hochschulen der Region ist uns wichtig. Auch wegen der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse, die von der Uni direkt in unseren Arbeitsalltag einfließen können. Gerade beim Thema Nachhaltigkeit. 

Spielt Regionalität bei Nachhaltigkeit grundsätzlich eine Rolle?
Sicher. Wir sind in ganz Deutschland tätig, aber in unserer Heimat, dem ostbayrischen Raum, stark verwurzelt. Hier übernehmen wir besondere Verantwortung. Das betrifft nicht nur Partnerschaften in den Bereichen Kultur und Sport, sondern in der Bildung und rund um Nachhaltigkeitsthemen. Wenn wir sagen, wir wollen für kommende Generationen einen attraktiven, wertvollen Lebensraum schaffen, dann ist das keine bloße Floskel. 

Warum sollten sich Unternehmen grundsätzlich intensiver mit dem Thema beschäftigen?
Vermutlich kennt jeder den Satz „Wir haben nur diesen einen Planeten“. Aber der ist leider wahr und wir sind alle in der Pflicht, unsere Erde bestmöglich zu bewahren. Das sind wir künftigen Generationen schuldig. Es macht darüber hinaus aber auch aus ökonomischer Sicht Sinn. Durch das Einsparen von Ressourcen haben wir finanzielle Vorteile und sind langfristig besser aufgestellt. Hinzu kommt, dass Nachhaltigkeit bei Ausschreibungen eine immer größere Rolle spielt. Wenn wir da auf Dauer nichts vorweisen könnten, hätten wir bei der Vergabe neuer Aufträge schlechte Karten. 

Wo genau sparen Sie Ressourcen ein? 
Große Einsparungen konnten wir bei der Effizienz unserer Planungsprozesse machen. Wir können Baustellen jetzt viel effizienter abwickeln, weil wir Teams, Fahrtrouten und dergleichen digital erfassen, planen und optimieren. Dafür nutzen wir mit Opti-Control, eine Software, die es uns erlaubt, Personal- und Materialressourcen optimal einzusetzen – ganz ohne Zettelwirtschaft. 

Ist Recycling ein großes Thema? 
Ja, wir nutzen Recyclingmaterialien, wo immer es die Standards zulassen. Überhaupt versuchen wir, möglichst wenig Abfall zu produzieren oder Material zu verwenden. Zum Beispiel nutzen wir Restbeton von Baustellen, um daraus Systembetonblocksteine zu gießen. Auch hier profitieren wir von unseren digitalen Möglichkeiten und reduzieren Materialverschwendung und Fehler durch die Nutzung von Building Information Modeling. 
Für unsere Immobilienprojekte im Hochbau können wir mit Zertifizierungen belegen, dass wir umweltfreundlich und ressourceneffizient arbeiten. Wir nutzen Spezialverfahren für Verlegetechniken, wie Horizontalbohrtechnik oder Saugbagger, um so wenig wie möglich in die Natur einzugreifen. Oder Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft, biobasierte Materialien, das alles reduziert unseren ökologischen Fußabdruck.

Energiesparen ist in aller Munde, wie setzen Sie es im Unternehmen um? 
Wir verwenden eine Spezialsoftware zur Energiedatenanalyse. Damit überprüfen wir unseren Energieverbrauch und können schnell Maßnahmen ergreifen, um ihn zu optimieren. Zusätzlich nutzen wir unseren eigenen Ökostrom aus unseren Photovoltaikanlagen. Beides zusammen genommen sparen wir eine Menge Strom und CO2-Emissionen ein. 

Welche Lösungen sind für die Baubranche generell interessant?
Da gibt es viele große Hebel, die unsere Branche nachhaltiger machen können. Angefangen beim Fahrzeugpark, da setzen wir, wo es geht, auf Elektrofahrzeuge. Auch die Einführung von fossilfreiem Brennstoff kann die Treibhausgasemission um bis zu 90% senken. Einige namhafte LKW-Hersteller wie DAF, Scania oder MAN nutzen diesen Kraftstoff bereits.
Damit verbunden ist die Frage, wie wir Baumaschinen ebenfalls klimaschonender betreiben können. Oder Konstruktionen nachhaltiger ausführen. Wassereffizienz wird in Zukunft ein noch größeres Thema sein. Wassersparmaßnahmen, Regenwassernutzung und ein intelligentem Wassermanagement helfen uns, unseren Wasserverbrauch nachhaltig zu reduzieren. 

AbschlieĂźend: Wie nachhaltig ist die Baubranche im Jahr 2035?
Das ist schwer zu sagen. Es gibt viele Variablen, die da reinspielen: Wie und auf welche Art wollen wir künftig bauen? Mit welchen Maschinen und Antrieben? Aus meiner Sicht ist nur das Ziel klar: Wir müssen Ressourcen drastisch einsparen und Emissionen deutlich verringern. Dazu sind auf allen Ebenen Lösungen gefragt. 

Frau Schwendner, vielen Dank für das Gespräch.


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